Bitcoin und Industrie 4.0

aj

2017/12/14 15:50 | Permalink
André Jordan

Der Bitcoin ist dieser Tage in aller Munde. Wie das Handelsblatt schreibt, erwägt die Deutsche Börse die Einführung von Bitcoin-Futures. Für die einen ist der Bitcoin die digitale Währung der Zukunft, für die anderen ein Spekulationsobjekt ohne Wert. Doch viel spannender als der Bitcoin selbst ist meiner Ansicht nach die Technologie, die dieser Kryptowährung zugrunde liegt: Die Blockchain.

Der Blockchain-Ansatz ist schon etwas Feines. Die Blockchain fungiert beim Bitcoin als öffentliches Buchhaltungssystem, das alle Transaktionen zwischen den einzelnen Bitcoin-Konten speichert, ohne dass hierfür Banken als Vermittler oder zentrale Instanzen notwendig wären. Getragen wird sie durch ein Netzwerk von Rechnern, die kryptographische Aufgaben lösen. Hat ein Rechner eine solche Aufgabe gelöst, darf er einen neuen Block erzeugen, in denen die ausstehenden Transaktionen gespeichert werden. Dieses Verfahren nennt man Proof of Work.

Neben dem Bitcoin gibt es eine Vielzahl weiterer Kryptowährungen, die teilweise sehr unterschiedliche Ziele verfolgen. Besonders interessant sind dabei die Ansätze, bei denen die Blockchain nicht nur die Buchhaltung der Kryptowährung abbildet, sondern die auch sogenannte smart contracts ermöglicht. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Transaktionen, die automatisch ausgeführt werden, so bald bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Beispiele für solche Kryptowährungen der 2. Generation sind ethereum oder nxt. Sie stellen ein ganzes Spektrum an Funktionen bereit: Marktplätze, Abstimmungen, Übermittlung von Nachrichten sind Beispiele hierfür.

Die ersten Unternehmen nutzen bereits die Möglichkeiten von smart contracts und bauen ihre Geschäftsmodelle darauf auf. Die Zeit berichtet von den CryptoKitties, eine Art blockchain-basiertes Sammelspiel, das immer mehr Fans findet. Doch auch ausserhalb der Spielebranche gibt es Ideen, wie sich die Blockchain nutzen lässt. Überall dort, wo nachgewiesen werden soll, dass ein Objekt einem anderen zugeordnet ist, kann die Blockchain-Technologie unterstützen. Das betrifft die Verwaltung von gemeinsam genutzten Gütern (z.B. Carsharing oder Parkplätzen in Städten), Berechtigungen von Personen (z.B. Zutrittkontrollsysteme oder Weiterbildungszertifikate) und vieles andere mehr.

Wirklich spannend wird es allerdings, wenn wir die Blockchain-Technologie im Rahmen von Industrie 4.0 betrachten. Da es sich bei der Blockchain im Wesentlichen um eine Liste mit Datensätzen handelt, die untereinander kryptographisch verbunden sind, spricht im Prinzip nichts dagegen, in ihr Daten aus der Auftragsabwicklung oder dem Shopfloor zu speichern. Auf diese Art und Weise ließe sich der Status von Aufträgen und Produkten sowohl innerhalb des Unternehmens als auch innerhalb der Supply Chain nachverfolgen. Freigaben könnten als smart contracts abgebildet werden und so automatisiert erfolgen. Intelligente Arbeitssysteme könnten ihrerseits die Blockchain auswerten und ihre Entscheidung danach ausrichten:

  • Welche Arbeitsgegenstände warten auf ihre Bearbeitung?
  • Welche müssen in naher Zukunft bearbeitet werden?
  • Wie sieht deren Dringlichkeit aus?
  • Welche Arbeitsgegenstände „hängen“ aufgrund von Störungen in vorgelagerten Bereichen fest?
  • Wie sieht die Auslastung der vor- und nachgelagerten Arbeitssysteme aus?

Sowohl Arbeitsgegenstände als auch die Arbeitssysteme könnten untereinander über die Blockchain kommunizieren, und (unkritische) Entscheidungen lassen sich über smart contracts automatisieren.

Das alles ist natürlich noch Zukunftsmusik. Doch allzu fern ist die Zukunft meiner Ansicht nach nicht. Schon heute ist jeder mit Hilfe von Toolkits in der Lage sich seine eigene Kryptowährung zu schaffen und die zugehörige Blockchain mit den Eigenschaften auszustatten, die seine spezifischen Anforderungen erfüllen. Dabei stellt sich natürlich die Frage nach gemeinsamen Standards. Welche Daten können auf einer öffentlich einsehbaren Blockchain gespeichert werden und für welche sollte ein Unternehmen eine interne Blockchain nutzen? Und wenn jedes Unternehmen seine eigene Blockchain führt, wie kann dann der Datenaustausch zwischen unterschiedlichen Blockchains (z.B. die zweier kooperierender Unternehmen) relisiert werden, ohne deren Konsistenz zu gefährden?

Die Zukunft bleibt spannend! Lassen Sie uns sie gemeinsam gestalten!

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